Aktives Zuhören

Sind Verkäufer*innen gute Psychologen*innen? Ja. Wenn sie eine Technik nutzen, die von dem amerikanischen Psychologen Carl Rogers mit entwickelt wurde. Mit aktivem Zuhören lassen sich Missverständnisse vermeiden. Empathie und Interesse werden gezeigt und die emotionale Beziehung im Gespräch wird gestärkt.

„Das habe ich noch nicht so richtig verstanden.“ könnte Ihr Kunde sagen. Sie könnten nun offen fragen: „Was genau brauchen Sie noch?“ oder, in der Wirkung weniger direktiv und motivierender: „Sie wünschen sich mehr Details zu X.“ Mit dieser Variante des aktiven Zuhörens arbeiten Sie den sachlichen Aspekt in der Kundenaussage – „Details“ – heraus. Oder Sie sagen: „Sie sind sich noch nicht ganz sicher mit X.“ und gehen damit auf den emotionalen Aspekt – „sich sicher fühlen“ – in der Aussage ein.

Für diese Varianten des aktiven Zuhörens findet man auch die Begriffe Interpretation und Verbalisierung in der Literatur. Allerdings nicht immer einheitlich verstanden und verwendet: „Leider werden die Begriffe ganz unterschiedlich verstanden.“ Wirkungsvoll sind dann:

„Sie wünschen sich eindeutige Begriffe.“, Interpretation, also das Herausarbeiten und Deuten des Inhalts auf der Sachebene. Und / oder: „Das irritiert sie.“, Verbalisierung, also das in Worte zu fassen, was der Gesprächspartner fühlt.

Wenn Sie sich mit der eigenen Deutung nicht sicher sind, könnten auch wörtlich wiederholen: „Unterschiedlich verwendet(?).“ Und schließlich können Sie auch mit einem „Hm.“ Ihr aktives Zuhören signalisieren. Auf jeden Fall geben Sie mit dem aktiven Zuhören Ihrer Gesprächspartnerin Raum und Zeit, ihre Gedanken und Gefühlen noch genauer zu äußern. So zeigen Sie Wertschätzung und Respekt.

Wie können Sie Ihre Fähigkeit, aktiv zuzuhören noch besser üben? Indem Sie die beiden Sätze „Sie fragen sich … / Sie wünschen sich …“ mit Ihrer Deutung des Gehörten vervollständigen.

„Das braucht aber ziemlich viel Übung.“ – „Sie fragen sich, wo Sie aktives Zuhören anwenden können.“ Oder „Sie wünschen sich noch mehr Beispiele.“ (Pause).

Fazit:

Dampf aus dem Gespräch nehmen, verlangsamen, Augen- und Ohrenkontakt halten und eine neugierige Fragehaltung einnehmen: „Was fragt sie sich, was wünscht sie sich, was braucht sie gerade?“

Vorwand-Einwand-Behandlung

Unter einem Vorwand versteht man einen nur vorgegebenen, als Ausrede benutztem Grund. Unter einem Einwand versteht man einen Gegengrund, also eine andere, abweichende Auffassung. Soweit die Theorie, zu der man in der Verkaufsliteratur Seite um Seite lesen kann. In der Praxis halte ich die Unterscheidung zwischen den beiden „Wänden“ für irrelevant und eine Vielzahl der Einwand- oder Vorwand-Techniken für manipulativ.

So hält sich in der Literatur hartnäckig die sogenannte Bumerang-Technik, anzuwenden bei Einwänden. Man soll dabei die Kundenaussage „Keine Zeit.“ mit der Aussage „Genau deshalb fasse ich mich ja kurz.“ entkräften. Nur – woher soll man wissen, dass es sich wirklich um einen faktischen Gegengrund – Zeitknappheit – handelt. Es könnte doch auch ein Vorwand sein und der Kunde sagt „Keine Zeit.“ um zu sehen, wie der Gesprächspartner reagiert. Ich halte nichts von Gedankenlesen und Unterstellungen, weil die darauf abgestellten Argumente oft manipulativ wirken, nach dem Motto „Wenn ich Ihnen Möglichkeiten aufzeige, künftig viel Zeit zu sparen, kommen wir dann ins Geschäft?“ Mal ehrlich, wollten Sie als Kundin oder Kunde so behandelt werden?

Viel praktischer finde ich, wenn Aussagen wie „Keine Zeit.“ / „Kein Interesse.“ / „Bin schon gut informiert.“ / „Muss nochmal überlegen.“ / „Funktioniert bei uns so nicht.“ allesamt ganz einfach als kritische Aussagen aufgefasst und behandelt werden. Kritisch im Sinne von: Der Kunde ist noch nicht bereit, sich zu entscheiden.

Mit anderen Worten: Ihr fehlen noch Informationen oder Emotionen, die ihre Kaufentscheidung positiv beeinflussen. Und dann liegt es auf der Hand, wie es im Gespräch weiter gehen kann: Mit Fragen, die ergründen, wo die Kundin gerade in ihrer Entscheidungsfindung steht.

Aber Vorsicht: Die Frage, die Sie wählen, muss zu 100 Prozent zur kritischen Aussage des Kunden und zu Ihrer Art sich auszudrücken passen. Sonst wirkt sie antrainiert, hölzern und uninteressiert. Bedeutet: Sie brauchen etwas Zeit, schreiben die häufigsten kritischen Aussagen Ihrer Kunden auf und suchen nach einer passenden Frage, die genau zu Ihnen passt.

Lassen Sie uns die Aussage: „Darüber möchte ich noch einmal nachdenken.“ betrachten: Ich kenne Verkäuferinnen, zu denen die folgenden Fragen sowohl in deren typischer Sprachmelodie als auch in deren Sprachgebrauch passen: (Zeitpunkt scheint ungünstig zu sein) „Wann wäre ein günstigerer Zeitpunkt?“ / (Interesse an der vorgeschlagenen Option scheint zu fehlen) „Wie darf ich das verstehen?“ / (Überlegen scheint wichtig) „Wonach werden sie sich letztlich entscheiden?“ / (Bisherige Option scheint besser zu passen) „Mit welcher Lösung sind sie gut unterwegs?“.

Fazit:

Kritische Aussagen notieren, passende Fragen finden, üben und an der Formulierung so lange feilen, bis Sie sich gut und wohl mit der Frage fühlen.

Fragen?

Eine Frage ist ein Satz, der eine Antwort herausfordert. Vorausgesetzt, nach der Frage gibt es eine ausreichend lange Pause, die Interesse an einer Antwort signalisiert! Und: Es wird nur eine Frage gestellt.

„Welche Fragetechniken kennen sie bereits?“ Pause. (Wenn Sie jetzt nicht gleich weiterlesen, dann sollte meine Frage Ihre Aufmerksamkeit auf Ihr Wissen und Können zum Thema Fragetechnik lenken.) Fragen sind somit ein wirksames Mittel, um ein Gespräch zu leiten.

„Welche Fragetechniken kennen sie bereits?“ ist ein Beispiel für eine offene Frage. Wie und was nun als Antwort formuliert wird, ist frei und allein durch das Thema „Fragetechnik kennen“ bestimmt. Offene Fragen bringen Informationen ins Gespräch und wirken aktivierend. Sie beginnen immer mit einem Fragewort. Verwirrenderweise nennen manche Zeitgenossinnen und Zeitgenossen offene Fragen auch W-Fragen. „Würden Sie das auch so sehen?“ ist aber keine offene Frage (siehe unten), und: „Inwieweit kennen Sie das Thema?“  wäre eine offene (I-)Frage. Also, statt W-Fragen, einfach: Offene Fragen, Fragewort im Anfang: Wie / was / inwieweit / wann / welche / wo / mit wem / woran / wer.

Geschlossene Fragen beginnen immer mit einem Verb, wie zum Beispiel: „Kennen sie sich mit Fragetechnik aus?“. Sie lenken auch das Gespräch, liefern aber meist weniger Information. Sie erfordern eine Entscheidung, ob und was geantwortet wird: Ja oder nein oder irgendwas.

Kritisch ist aus meiner Sicht, dass geschlossene Fragen die Meinung hinter der Frage deutlich machen können. Also suggestiv wirken. Und durch entsprechende Betonung („Kennen SIE …?“) auch eine Bewertung mitschwingt, wie: „Jede*r sollte sich mit Fragetechnik auskennen!“ Zu diesem wichtigen Aspekt einige meiner Lieblingsbeispiele: „Haben sie das verstanden?“ / „Soll ich ihnen das noch einmal erläutern?“ / „Haben sie das nicht gelesen?“ / „Verstehen sie den Punkt?“. Wer im Verkaufsgespräch fragt: „Kennen sie schon unseren neuen Service X?“ sollte sich nicht wundern, wenn dadurch eine angespannte Gesprächsatmosphäre entsteht. Muss eine Kundin oder ein Kunde sich doch rechtfertigen, wenn sie oder er X noch nicht oder nicht komplett kennt.

Aus meiner Erfahrung genügen einige wenige geschlossene Fragen im Repertoire, die dann gestellt werden, wenn es um (Zwischen-)Entscheidungen geht: „Passt das so für sie?“ / „Darf ich zusammenfassen?“ / „Fehlt noch ein wichtiger Punkt?“ / „Geht das für sie so in Ordnung?“

Die offenen Fragen sind die wichtigeren Kommunikationswerkzeuge. Sie zeigen Interesse und Wertschätzung – „Wie interessant ist X für sie?“ / „Was denken sie über X?“ / „Was erwarten sie von meinem Service?“. Zudem beleuchten offene Fragen ein Thema aus unterschiedlichen Perspektiven: „Was denken sie, würde ihre Kollegin dazu sagen?“ oder „Aus ihrer Erfahrung: Was überzeugt ihre Kunden?“ sind Beispiele für offene (zirkuläre) Fragen, weil neben der Perspektive des Gefragten eine weitere Sichtweise auf das Thema eröffnet wird.

Noch zwei Warnhinweise:

Offene Fragen, die in die Vergangenheit orientieren, können sich negativ auswirken: „Welche Erfahrungen haben sie mit ihrem bisherigen Lieferanten gemacht?“ (Nur gute – und dann?).  Oder „Warum haben sie erst heute davon berichtet?“ (Schlecht, weil sich niemand gerne rechtfertigt). Besser ist es, zukunftsbezogen zu fragen: „Wie stellen sie sich X vor?“ / „Wie möchten sie mit mir zusammenarbeiten?“.

Offene Fragen können direktiv wirken: „Was sind die nächsten Schritte?“ kann unguten Druck aufbauen. Es ist besser, die Frage zu begründen. „Ich fand unser Gespräch sehr interessant. Was könnten die nächsten Schritte aus ihrer Sicht sein?“ Ja, und ich finde, dass man auch gut den Konjunktiv verwenden kann, wenn einem nicht nach der Frage „Ich fand unser Gespräch sehr interessant. Was sind die nächsten Schritte aus ihrer Sicht?“ ist.

Fazit:

Finden Sie ein gutes Dutzend offener Fragen, die zu Ihnen passen. Mit „Was ist Ihnen wichtig?“ und ähnlichen Fragen klären Sie Bedarf und Interesse Ihrer Kundinnen und Kunden und erhalten wichtige Informationen.

Finden Sie ein halbes Dutzend zu Ihnen passende geschlossene Fragen, um den Entscheidungsstand zu erfahren und Konsens zu erkennen: „Ist das so für sie okay?“ Nicht mehr und auch nicht weniger: „Einverstanden?“