Unter einem Vorwand versteht man einen nur vorgegebenen, als Ausrede benutztem Grund. Unter einem Einwand versteht man einen Gegengrund, also eine andere, abweichende Auffassung. Soweit die Theorie, zu der man in der Verkaufsliteratur Seite um Seite lesen kann. In der Praxis halte ich die Unterscheidung zwischen den beiden „Wänden“ für irrelevant und eine Vielzahl der Einwand- oder Vorwand-Techniken für manipulativ.
So hält sich in der Literatur hartnäckig die sogenannte Bumerang-Technik, anzuwenden bei Einwänden. Man soll dabei die Kundenaussage „Keine Zeit.“ mit der Aussage „Genau deshalb fasse ich mich ja kurz.“ entkräften. Nur – woher soll man wissen, dass es sich wirklich um einen faktischen Gegengrund – Zeitknappheit – handelt. Es könnte doch auch ein Vorwand sein und der Kunde sagt „Keine Zeit.“ um zu sehen, wie der Gesprächspartner reagiert. Ich halte nichts von Gedankenlesen und Unterstellungen, weil die darauf abgestellten Argumente oft manipulativ wirken, nach dem Motto „Wenn ich Ihnen Möglichkeiten aufzeige, künftig viel Zeit zu sparen, kommen wir dann ins Geschäft?“ Mal ehrlich, wollten Sie als Kundin oder Kunde so behandelt werden?
Viel praktischer finde ich, wenn Aussagen wie „Keine Zeit.“ / „Kein Interesse.“ / „Bin schon gut informiert.“ / „Muss nochmal überlegen.“ / „Funktioniert bei uns so nicht.“ allesamt ganz einfach als kritische Aussagen aufgefasst und behandelt werden. Kritisch im Sinne von: Der Kunde ist noch nicht bereit, sich zu entscheiden.
Mit anderen Worten: Ihr fehlen noch Informationen oder Emotionen, die ihre Kaufentscheidung positiv beeinflussen. Und dann liegt es auf der Hand, wie es im Gespräch weiter gehen kann: Mit Fragen, die ergründen, wo die Kundin gerade in ihrer Entscheidungsfindung steht.
Aber Vorsicht: Die Frage, die Sie wählen, muss zu 100 Prozent zur kritischen Aussage des Kunden und zu Ihrer Art sich auszudrücken passen. Sonst wirkt sie antrainiert, hölzern und uninteressiert. Bedeutet: Sie brauchen etwas Zeit, schreiben die häufigsten kritischen Aussagen Ihrer Kunden auf und suchen nach einer passenden Frage, die genau zu Ihnen passt.
Lassen Sie uns die Aussage: „Darüber möchte ich noch einmal nachdenken.“ betrachten: Ich kenne Verkäuferinnen, zu denen die folgenden Fragen sowohl in deren typischer Sprachmelodie als auch in deren Sprachgebrauch passen: (Zeitpunkt scheint ungünstig zu sein) „Wann wäre ein günstigerer Zeitpunkt?“ / (Interesse an der vorgeschlagenen Option scheint zu fehlen) „Wie darf ich das verstehen?“ / (Überlegen scheint wichtig) „Wonach werden sie sich letztlich entscheiden?“ / (Bisherige Option scheint besser zu passen) „Mit welcher Lösung sind sie gut unterwegs?“.
Fazit:
Kritische Aussagen notieren, passende Fragen finden, üben und an der Formulierung so lange feilen, bis Sie sich gut und wohl mit der Frage fühlen.